- Daten und Fakten
über Kolumbien - Landvertreibung
Gewalt und Flucht - Bildung
ein Kinderrecht! - Gesundheitsversorgung
Auch für die Bedürftigen? - Die Kinder
Wehrlos inmitten des Konflikts - Valle de Cauca & Cali
Aufschwung und Lebensenergie - Montebello
Ein Invasionsviertel - Faszination Kolumbien
Reichtum und Schönheit
Land
Republik Kolumbien
Zeitverschiebung
Sommer 7, Winter 6 Stunden (zu Deutschland)
Bodenschätze und Rohstoffvorkommen
Erdöl und Derivate, Kohle, Erdgas, Nickel, Platin, Gold
Bevölkerung
48 Mio., zweit dicht besiedelte Land Lateinamerikas, 43 Einwohner pro km², 76 % in Ballungsgebieten, 24 % Anteil junger Menschen unter 15 Jahren, Lebenserwartung: 74,2 (2015)
Politisches System
Präsidialrepublik, Präsident ist gleichzeitig Oberbefehlshaber des Heeres
Analphabetenquote
5 % (2015)
Arbeitslosenquote
9 % (Prognose 2016 8,5)
UN Education Index
0,6 (2014, Platz 98)
Inflationsrate (CPIX)
5 % (2015)
Religionen
90 % Katholisch, auch amerikanische protestantische Sekten
Gini-Koeffizient (der ungleichen Einkommensverteilung)
mit 53,5 (2013) an zehnter Stelle der Länder mit den ungerechtesten Einkommensverhältnissen
Hauptstadt
Bogotá, mit Ballungsraum 14,5 Mio. Einwohner
Unabhängigkeit
20. Juli 1810 (von Spanien)
Exportgüter
größter Produzent von Guadua-Holz (Bambus), Tropenholz, Kaffee, Bananen, Industriegüter, Schnittblumen, Smaragde, Gold; Kokain (80 % des Weltmarktes)
Ethnien
102 verschiedene ethnische Gruppe (lt. Nationale Indigene Organisation von Kolumbien (ONIC), 34 Völker von Ausrottung bedroht, 64 unterschiedliche Sprachen
Wirtschaftssystem
Marktwirtschaft
Währung
1 Kolumbianischer Peso (kol$) = 100 Centavos
BIP/Kopf
7.904 USD (2014)
Global Peace Index
Platz 146 von 162 Staaten
Human Development Index
Rang 98 von 187 (2013)
Menschen in Armut
27,8 % (2015, nationales Armutsniveau laut DANE = vierköpfige Familie mit weniger 340,- € Monatseinkünfte)
2,5 % der Bevölkerung leben von weniger als 1,9 USD am Tag
Gewalt und Flucht
Der kolumbianische Bürgerkrieg dauert mittlerweile seit über sechs Jahrzehnten an. Im Kampf um politische Ideologien, Anbau- und Verarbeitungsflächen für Drogen und die Interessen von internationalen Konzernen hat sich in vielen ländlichen Gegenden Kolumbiens ein Klima der Angst entwickelt. Einschüchterung und Zwang durch Guerrillas und Paramilitärs, die Gewalt auch durch das Militär und die Verminung ganzer Landstriche haben große Teile der Landbevölkerung zur Flucht gezwungen. Gerade die abgelegenen, bergigen und dicht bewaldeten Landesteile sind für den kolumbianischen Staat kaum zu kontrollieren.
Die Vertriebenen
Die Leidtragenden des Konflikts sind daher oft die ländliche Bevölkerung, darunter häufig Mitglieder der indigenen Minderheiten und die afrokolumbianische Bevölkerung, aber auch Gewerkschafter und Zivilisten, die sich den Arbeitsbedingungen oder der Instrumentalisierung durch die jeweiligen Akteure widersetzen. Auf Widerstand droht Tod, der eigene und der der Angehörigen. Seit Beginn der Auseinandersetzungen wurden etwa sechs Millionen Menschen gewaltsam vertrieben(1) – fast jeder siebte Kolumbianer – gezwungen ihre Heimat zu verlassen und ihren Besitz aufzugeben.
Die Zuflucht
Die meisten der durch die Flucht oft zerissenen Familien landen in den sogenannten Invasionsvierteln der größeren Städte. Gerade Bogota, Medellin und Cali wachsen an vielen Stellen seit Jahrzehnten unkontrolliert an. Aus der Not lassen sich die meisten Flüchtlinge am Rande der Städte nieder, wohnen in einfachsten Konstruktionen aus Bambus, Plastik oder Wellblech. Mittellosigkeit, Illegalität, Arbeitslosigkeit und fehlende Infrastruktur lassen dort wenig Spielraum für die Lebensgestaltung. Neben Erdrutschen und starken Regenfällen sehen sich die geflüchteten Familien stets der Gefahr ausgesetzt, durch die Polizei ein weiteres Mal vertrieben zu werden. Die Invasionen gelten als illegal.
Quellen:
(1) UNHCR: 2015 UNHCR country operations profile – Colombia (2015). Link: http://www.unhcr.org/pages/49e492ad6.html
Bildung: ein langsamer Weg
Es gibt viele Ursachen dafür, warum manche Kinder nicht zur Schule gehen: Fehlende Schulplätze, die sogenannte Illegalität geflüchteter Familien, Schulgebühren oder Kinder, die arbeiten und sogar kämpfen müssen. Obwohl das Recht auf Bildung schon lange fest in der kolumbianischen Verfassung verankert ist, waren lange Zeit Schulgebühren sowie Kosten für Einschreibung, Schuluniform, Lehrbücher und Transport auch an öffentlichen Schulen normal und hinderten viele Kinder am Schulbesuch.
Im Jahr 2012 wurde nach langer Ankündigung der kostenlose Besuch öffentlicher Schulen umgesetzt. In den letzten Jahren hat sich so der Anteil der Kinder, die eine Schule besuchen, stets erhöht. In Kolumbien insgesamt, wie auch in der Stadt Cali besuchten 2014 allerdings weiterhin etwa 10 % der Kinder keine Grundschule und 25 % keine weiterführende Schule. Außerhalb der Städte ist diese Quote noch höher.
Trotz der kostenlosen Bildung bleiben andere Probleme bestehen: Weiterhin arbeiten über eine Million Kinder in Kolumbien für den Unterhalt ihrer Familie. In Cali ist die Quote der arbeitenden Kinder bei acht Prozent – in den Außenbezirken wie Montebello sogar bei bis zu 15 % – nach den offiziellen Zahlen der Stadt. Vermutlich liegt die Ziffer noch höher. Leider gehören arbeitende oder bettelnde Kinder weiter zum alltäglichen Bild. Beispielsweise sind es oft Minderjährige, die als Kassierer in den Jeeps und Bussen mitfahren.
Auch die Qualität der öffentlichen Schulen ist meist nicht mit den kostenpflichtigen Privatschulen vergleichbar. Es fehlt an Materialien und Geldern, der Unterricht endet bereits um 12 Uhr und die Lehrer sind mit den großen Klassenverbünden oft überfordert. Die Vernachlässigung der öffentlichen Schulbildung zeigt sich besonders außerhalb der Städte. Mittlerweile wurden weitere Reformen des öffentlichen Schulsystems verabschiedet. Beispielsweise sollen die Klassen verkleinert und nur gut qualifizierte Lehrer angestellt werden, doch die Umsetzung neuer Vorhaben dauert und es ist weiterhin ein langer Weg zu einem gleichberechtigten Zugang zur Bildung für alle Kinder Kolumbiens.
Berufliche Bildung
Für jugendliche Absolventen des kolumbianischen Abiturs bleiben die Möglichkeiten für ein Studium oder eine Ausbildung eingeschränkt, sofern sie keine private Universität finanzieren können. Es gibt über fünf private Universitäten und viele weitere hochschulähnliche Akademien in Cali. Demgegenüber steht eine einzige öffentliche Universität und ein öffentliches Ausbildungsinstitut. Hier finden nur die allerbesten Schüler einen Platz. Für Jugendliche aus sozialschwachen Gegenden der Stadt werden die Gebühren an der öffentlichen Universität und dem Ausbildungsinstitut zwar reduziert, das Studium ist aber weiterhin mit Kosten verbunden, die nicht jeder bezahlen kann.
Aufgrund der beschränkten Plätze und der Kosten einer privaten Universität bleiben viele motivierte Abiturienten ohne Studienmöglichkeit. Teilweise arbeiten junge Erwachsene daher tagsüber und studieren am Abend, doch dafür ist es schwierig, einen Job zu finden, wenn man noch keinen Hochschulabschluss oder eine Ausbildung nachweisen kann. Für Jugendliche aus den oft staatlich vernachlässigten, einkommensschwachen Orten und Stadtteilen ist es daher ungleich schwieriger, ihren Lernprozess fortzusetzen und so eine besser bezahlte Anstellung zu finden. Viele müssen daher als Tagelöhner in schlecht bezahlten und unsicheren Jobs arbeiten. Andere sehen die Kriminalität als einzige Möglichkeit, ihr Leben zu finanzieren.
UNICEF: Colombia – Statistics (2012).
Link: http://www.unicef.org/infobycountry/colombia_statistics.html#117
Stadt Cali: Cali en Cifras (2015).
Link: http://www.cali.gov.co/publicaciones/cali_en_cifras_planeacion_pub
Baron Porras et al.: Otra Ciudad detrás de la ladera: Estudio sobre un programa socioeconómico de la Fundación Carvajal en Cali (2011).
Link: http://www.scielo.org.co/scielo.php?pid=S0123-59232011000300004&script=sci_arttext
Gesundheitsversorgung
Auf dem Papier steht das kolumbianische Gesundheitssystem sehr gut da und die Qualität der Gesundheitsversorgung kann in einigen städtischen Krankenhäusern durchaus mit europäischen Standards verglichen werden. Kolumbien hat durch eine Art Basisversorgung aller Bürger mittlerweile eine fast vollständige Abdeckung des öffentlichen Gesundheitssystems. Bereits mehrfach und zuletzt 2013 wurde das System reformiert, um allen Bürgern einen gleichwertigen Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. Es ist allerdings noch ein weiter Weg bis dieses Ziel erreicht wird – wie sich auch aktuell immer wieder zeigt.
Denn in der Realität gibt es einige Probleme, die sich vor allem auf Menschen aus schwierigen sozioökonomischen Verhältnissen und aus ruralen Gebieten auswirken, deren Zugang zu medizinischer Behandlung teilweise stark eingeschränkt ist. Einerseits gibt es wiederholt finanzielle Probleme der Krankenhäuser und Versicherungen, welche die Versorgung einschränken und andererseits ist die Qualität der Versorgung stark differenziert.
Im Zentrum der Probleme stehen häufig die privaten Versicherungen. Immer wieder wird von Korruption und der Abrechnung von nicht geleisteten Behandlungen berichtet. Als profitorientierte Unternehmen steht das Interesse der Versicherten teilweise hinten an. Zum Teil verweigern die Versicherungen Leistungen, wenn keine teure Zusatzversicherung abgeschlossen wurde. Um ihr Recht auf die Behandlung einzufordern müssen die Betroffenen zunächst den Prozess der „tutelas“ durchlaufen, einer Art einstweiliger Verfügung, die allerdings auch den Behandlungsprozess verzögert.
Anfang des Jahres 2016 waren mehrere Krankenhäuser der Stadt Cali über Monate hinweg vom finanziellen Bankrott bedroht. Dazu zählte auch unser Projektpartner, die Universitätsklinik del Valle. Dies führte zu Personalentlassungen und geringeren Kapazitäten; Behandlungen wurden verschoben oder fallen aus und diejenigen, die sich keine Zusatzversicherungen leisten können, haben das Nachsehen. Je mehr für die Versicherung gezahlt wird, desto besser und zeitnaher ist die Behandlung der Patienten. In der Grundsicherung versicherte Personen müssen daher meist lange Wartezeiten in Kauf nehmen.
Einen schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung hat auch speziell die ländliche Bevölkerung. Gerade bei speziellen Behandlungen, wie zum Beispiel am Herzen, müssen lange Anfahrtswege in Kauf genommen und natürlich auch finanziert werden. Oft birgt dies ein unüberwindbares Hindernis für die Patienten.
Diese Probleme zeigen, warum es wichtig ist, soziale Projekte im medizinischen Bereich mit Know-how und Sondermitteln zu unterstützen, vor allem um die Lage der oft durch Krankheit in Verbindung mit Armut traumatisierten Kinder und deren Familien nachhaltig zu verbessern.
Frauen und Kinder
70 % der Binnenflüchtlinge sind Frauen und Kinder. In dem grausamen Spiel um Repression, Flucht und Vertreibung sind die Kinder die wehrlosesten Opfer. Durch die Gewalterfahrung wie z. B. die Ermordung eigener Elternteile oder Familienangehöriger traumatisiert, mittellos, durch das erzwungene Verlassen der Heimat um Schul- und Ausbildung gebracht, verwehrt Ihnen ihre Lebenssituation von vornherein die Chance, sich eine selbstbestimmte Zukunft zu schmieden.
Der Teufelskreis
Das Leben auf der Straße und wirtschaftliche Not machen sie zur leichten Beute von Paramilitärs, Guerilla, Drogenmafia und kriminellen Banden, die Nachwuchs rekrutieren. Kolumbien zählt offiziell 14.000 Kindersoldaten, inoffiziell sind es viele mehr, oft für den Einsatz von Antipersonenminen missbraucht. Die Mädchen finden den Ausweg in der Prostitution oder träumen vom Halt durch einen Versorger. In Kolumbien wächst die Zahl der Kindermütter. 20 % der Geburten sind Minderjährigengeburten, die Väter abwesend. Fehlende Schulbildung und Armut vervielfachen vor allem in den Slums das Risiko der verfrühten und oft ungewollten Schwangerschaft. 83 % der Töchter von minderjährigen Müttern werden selbst minderjährig zur Mutter.
Zerrissene Biographien
Der Mangel an Schulen und Bildungseinrichtungen stellt insofern ein besonders gravierendes Defizit dar. Zudem kommen die unterschiedlichen Vorkenntnisse und das sozial und familiär oft schwierige Umfeld der Kinder und Jugendlichen. Gerade die Kinder, deren Biographien früh durch Flucht und Gewalterfahrung Risse bekommen haben, bedürfen besonderer Fürsorge und Anstrengungen, um den Anschluss an ein normales Leben wiederzufinden.
Dazu gehört die Chance, auf eine Schule zu gehen, statt zu arbeiten, die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und zu erproben, genug zu essen zu haben, um lernen zu können und Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch.
Das Departement Valle del Cauca
Das Valle liegt im Westen des Landes und reicht bis an die Küste des Pazifischen Ozeans. Wichtige Wirtschaftszweige sind unter anderem die pharmazeutische und chemische Industrie sowie die Landwirtschaft. Die Hochebene zwischen den Städten Cali und Buga ist vor allem durch kilometerlange Zuckerrohrfelder geprägt. In den vielfältigen Klimazonen zwischen der mittleren Kordillere und dem Pazifik werden unter anderem Früchte und Kaffee angebaut. An der pazifischen Küste ist neben dem Fischfang vor allem der Hafen von Buenaventura von Bedeutung, über den der Großteil des kolumbianischen Außenhandels abgewickelt wird. In den schwer zugänglichen Bergregionen finden sich auch illegale Kohle- und Goldminen.
Das Valle del Cauca ist in 42 Gemeinden unterteilt. Neben der Hauptstadt Cali, mit offiziell ca. 2,4 Mio. Einwohnern die drittgrößte Stadt Kolumbiens, sind Buenaventura, Palmira, Cartago und Buga von Bedeutung. Das Klima ist äquatorial-tropisch. Die Regenzeit geht von März bis Mai sowie Oktober bis November. Anziehungspunkte sind der See Calima und der Nationalpark Los Farallones. Die Schwäche der Region liegt auch hier in der Schere zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und der anhaltenden Armut von großen Teilen der Bevölkerung, die von dessen Erträgen und den sozialen Fortschritten ausgeschlossen bleiben, wie z. B. Infrastruktur, Zugang zu Bildung und Gesundheit, anständiger Arbeit und Schutz der Menschenrechte.
Cali
Cali, die Hauptstadt des Departements, ist mit einer Mordrate von ca. 56 pro 100.000 Einwohner (2015) neben dem benachbarten Palmira die gewalttätigste Stadt Kolumbiens. Im Mittelpunkt der Gewalt stehen häufig Banden, die in die Drogenkriminalität verwickelt sind. In Cali sind viele „Hüttensiedlungen“ aufgrund der Invasion durch Flüchtlingsfamilien entstanden, die heute soziale Brennpunkte und Herde der Bandenkriminalität darstellen.
„Zweigstelle des Himmels“
Aber Cali bietet auch unzählige Gründe, die seinen Namen als „Sucursal del cielo“ („Zweigstelle des Himmels“) rechtfertigen. Denn Cali ist auch die Hauptstadt des Salsa, der schönen Frauen und der Lebensfreude. „In Cali gehen die Füße nicht, sondern sie tanzen.“ Während des ganzen Jahres steigen die Temperaturen tagsüber auf etwa 30 Grad und ermöglichen den Besuch der vielen öffentlichen Parks. „Caleños“ und Touristen können außerdem viele Kirchen, Theater, Museen und Statuen besuchen. Neben der vielfältigen Kunstszene ist auch der Sport von großer Bedeutung. Zum Beispiel wurden 2013 die World Games der nicht-olympischen Sportarten in Cali veranstaltet.
Fluchtziel Metropole
Montebello ist einer der 15 ländlichen Außenbezirke Calis, die sich an der westlichen, bergigen Seite der Stadt befinden. Der Ort hat sich im Laufe der 1930er Jahre entwickelt, als sich erste Arbeitssuchende aus anderen Landesteilen im Bereich der dortigen Kohleminen ansiedelten. Die Minen existieren teilweise auch heute noch. Sie sind oft illegal und beachten weder Sicherheits- noch Umweltstandards. Die Gewässer, Böden und die Luft in Montebello und Umgebung sind bereits sehr belastet.
Zum Ende der 1990er Jahren hat sich die Einwohnerzahl in kurzer Zeit vervierfacht, da sich eine Vielzahl von Binnenflüchtlingen in Montebello niedergelassen hat. Obwohl Montebello der flächenmäßig kleinste Außenbezirk Calis ist, leben dort heute mit Abstand die meisten Einwohner. Nach offiziellen Zahlen sind es etwa 10.000 Einwohner, doch die tatsächliche Anzahl wird auf bis zu 20 – 30.000 Einwohner geschätzt.
Ein Großteil der Zugezogenen sind Bürgerkriegsflüchtlinge, die sich aus Mangel an Alternativen in den Invasionen niederlassen mussten. Sie leben also ohne Besitz und ohne Rechte in Montebello. Ein Teil der Grundstücke wurde in den letzten Jahren zwar legalisiert, doch viele und gerade die neu angekommenen Flüchtlinge leben weiterhin als sogenannte Illegale und in einfachsten Verhältnissen.
Ein Ort des Mangels
Mit der hohen Anzahl der Zugezogenen hat die öffentliche Versorgung durch den Staat, aber auch zivilgesellschaftliche Eigeninitiative und Selbstorganisation nicht mitgehalten. Montebello hat erst 2011 – mit Pomp in der Presse gefeiert – den ersten Kilometer asphaltierter Straße offiziell eingeweiht. Das allein sagt viel über die Umstände aus, in der die Bevölkerung dort lebt. Es fehlt nicht nur am Verkehrsnetz, sondern auch an der Erschließung im Sinne einer Versorgung durch Kanalisation, trinkbares Wasser, Sicherung der Häuser vor Erosion und nicht zuletzt auch an Gemeindeeinrichtungen, Gesundheitsämtern, sozialen Einrichtungen sowie vor allem an Schulen für die Grund- und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen.
Fehlende Bildungsmöglichkeiten
Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde die Situation in Montebello besonders problematisch. Viele Kinder der Flüchtlingsfamilien konnten in dieser Zeit nicht zur Schule gehen. Der Analphabetismus war gerade unter den Kindern ausgeprägt und die Abbruchraten der wenigen Schulen hoch. Zusätzlich fehlten der Gemeinde kulturelle und sportliche Angebote. Viele Jugendliche fanden sich in der Kriminalität und Banden wieder – auch aus Mangel an Alternativen und Möglichkeiten. Die Vernachlässigung durch den Staat, das fehlende Zugehörigkeitsgefühl und die wenigen sowie schlecht bezahlten Arbeitsmöglichkeiten haben zu einer Vielzahl von sozialen Problemen geführt.
Eigeninitiative macht stark
Viele Einwohner leben weiterhin in improvisierten Behausungen, haben Hab und Gut zurück gelassen, ihre Familien sind zerrissen und der tägliche wirtschaftliche Überlebenskampf fordert ihre ganze Kraft. In dieser Situation ist es schwierig, für die eigenen Rechte einzutreten. Abgesehen von der asphaltierten Hauptstraße sind viele Teile von Montebello weiterhin nur sehr schlecht an die Infrastruktur angebunden. Neben den wenigen nicht befestigten Straßen sind viele Bereiche nur zu Fuß erreichbar. Die Entwicklung des Ortes geht nur langsam voran – auch aufgrund der geringen staatlichen Unterstützung.
Das Projekt Colegio de las Aguas steht als Zeichen dafür, was möglich ist. Mit der Initiative der Menschen aus Montebello und der moralischen und finanziellen Unterstützung aus Deutschland ist es ihnen gelungen mit den eigenen Händen und aus eigener Kraft ihre Schule, die Mensa und Werkstätten zu errichten. Die Möglichkeit einer Ausbildung für die Jugendlichen und die Schulbildung der Kinder bedeutet eine Alternative zur Kriminalität und zeigt den Menschen und den öffentlichen Einrichtungen, was in Montebello möglich ist. Die Bildung der Jüngsten legt den Grundstein für eine positive Entwicklung dieses jungen Ortes.
Link: http://www.scielo.org.co/scielo.php?pid=S0123-59232011000300004&script=sci_arttext
Stadt Cali: Cali en Cifras (2015).
Link: http://www.cali.gov.co/publicaciones/cali_en_cifras_planeacion_pub
Stadt Cali: Corregimiento de Montebello (2007).
Link: http://www.cali.gov.co/comunicaciones/descargar.php?idFile=3821
Kolumbien macht süchtig
„Das einzige Risiko ist, dass du bleiben willst.“ lautet der Werbeslogan der Tourismus-Behörde Kolumbiens, die Kolumbien als Reiseziel und Urlaubsalternative populär machen will. Und tatsächlich bewahrheitet sich die Aussage „Das Risiko, nach Kolumbien zu kommen, ist, sich in seine Landschaft, seine Menschen, seine Gastronomie, seine Volksfeste und Festivals, sein Kunsthandwerk und seine Farben zu verlieben.“ bei fast jedem Ausländer, der das Land besucht. Es ist die anziehende, verzaubernde andere der beiden so gegensätzlichen Seiten der Medaille, die den Besucher Kolumbiens in ihren Bann zieht.
Vielfalt betört
Die ganze Schönheit der Neuen Welt präsentiert sich in vielen Regionen des Landes in selten zu findender Unberührtheit und mit einer biologischen Megadiversität, die ihresgleichen sucht. 10 % aller Pflanzen- und Tierarten unseres Planeten sind hier zu finden und katapultieren Kolumbien damit weltweit auf Platz 2 der Artenvielfalt. Mehr als 50 % des Landes macht der Regenwald aus. Mit 3.000 km Küste, 1.600 am Pazifik und 1.300 Karibische Küste, lässt Kolumbien jedes Urlauberherz höher schlagen. Fünf Natur- und Kulturräume kennzeichnen die ebenso reiche landschaftliche Vielfalt: Anden, Karibik, pazifisches Tiefland, die Savannen der östlichen Tiefebene und die Regenwälder des Amazonasbeckens.
Lebensfreude steckt an
Überall spiegeln Musik und Tanz die Lebensfreude der Kolumbianer sowie ihre kulturellen Wurzeln und sind ein wichtiges historisches und identitätsstiftendes Erbe, das geliebt und gehegt wird. Das Aufeinandertreffen verschiedener Bevölkerungsgruppen indigenen, afrokolumbianischen oder europäischen Ursprungs erzeugt einen bunten Fächer an Ausdrucksformen in Literatur, Kunsthandwerk, Malerei, Theater und Film. Kulinarische Genüsse wachsen auf den Bäumen oder Sträuchern oder werden in der eigenen Küche gefertigt und an kleinen Straßenständen feil geboten.
Gastfreundschaft regiert
Doch Kolumbien wäre nichts ohne die Besonderheit, die Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Herzlichkeit seiner Menschen. Sie machen den wahren Zauber des Landes aus. Der Ausspruch „Platz ist in der kleinsten Hütte“ scheint hier seinen Ursprung zu haben. Der Gast ist immer der König und sein Wohlbefinden wird dem eigenen vorangestellt. Auch unter ärmlichsten wirtschaftlichen Verhältnissen und widrigsten Lebensumständen wird sich jeder Besucher wie ein Fürst in die Gemeinschaft aufgenommen und im Land willkommen fühlen.